Samstag, 6. September 2014

Zerfasernde Netzwerkevolution

der fliegende Wahl will aus dem Wasser

Wir mögen Twitter ja eigentlich oder zumindest Twitter wie es noch vor 2-3 Jahren noch war. Allerdings hat Twitter irgendwann angefangen sich wie die Axt im Walde zu benehmen aus Angst andere könnten von "ihren" Inhalten profitieren. Die anderen waren zu Anfang zum Beispiel die Entwickler die es mit viel Arbeit geschafft hatten Twitter auf mobile Geräte zu bringen und es zu dem zu dem Medium zu machen das es heute ist.

Viel schneller als die Medien-Oldtimer, immer direkt am Puls der Zeit, immer dort wo gerade etwas passiert und nachweislich sogar schneller als ein Erdbeben. Nun waren eben diese Entwickler eine Zeit lang richtig knorke für Twitter da sie ja zur Verbreitung des Netzwerkes in einem großen Maße beigetragen haben. Neben den App Entwicklern denen mehr und mehr die Schnittstelle zum Netzwerk beschnitten wird betrifft es aber auch andere Dienste wie zum Beispiel Twitpic die nach langem Hin und Her um die Silbe "Twit" und massivem Druck von Twitter selbst nun endgültig aufgeben und ab 25 September ihr Pforten schießen und über einen gewissen Zeitraum ihren Nutzern die Möglichkeit geben ihre gespeicherten Bilder herunter zu laden. Also kann man als Zwischenergebnis festhalten dass Twitter andere Dienste solange genehm sind wie sie das Netzwerk für Twitter gratis um Funktionen erweitern, bis sie es selbst schaffen die Funktionen selbst zu implementieren. Dann wird die Erweiterung plötzlich Konkurrenz gegen die man natürlich vorgehen muss. Und jetzt nachdem man es sich schon mit den externen Entwicklern versaut hat geht Twitter nun ans Tafelsilber. Ein im deutschen Sprachraum doch sehr bekannter und geschätzter Podcaster pflegt sinngemäß zu sagen: "Wenn du nicht dafür zahlst gehörst du eben zur Ware". Also die Nutzer die konsumieren und Inhalt erzeugen und eben auch Werbung lesen (müssen) sind Teil der Ware.
Was mich jetzt eigentlich dazu bewegt, nach doch recht ausgedehnter Sirup-Abstinenz, wieder einmal auf meine Seifenkisten zu steigen und herunter zu blöken ist der Umstand das Twitter nun anfängt die Timelines der Nutzer zu filtern. Twitter möchte also entscheiden was für mich interessant ist und was nicht. Es dürfte jedem klar sein, der sich mit Twitter etwas mehr beschäftigt hat als es in Social-Marketing-Handbüchern steht, das dieser Schachzug den sonst so freien Geistern die Inhalte produzieren nicht schmecken wird.

Was passiert also gerade, gestern gab es den sogenannten #Twitterstreik, der zugegebenermaßen kein wirklich großer Erfolg war. Die Hand voll deutscher Twitterer, die von 10-12 nicht twitterten dürfte in der Statistik nicht mal aufgefallen sein. Also wozu entscheidet sich die Nutzergemeinde also? Ein Teil wird einfach weiter mit Twitter leben und der andere versucht gerade, wild mit den Armen wedelnd das sinkende Schiff zu verlassen. Vor einer Weile gab es schon den Anlauf eine Art Premium-Bezahltwitter zu etablieren. So war zu beobachten das zahlreiche Podcaster zu App.net gingen und auch nimmer müde waren ihre Reichweite dazu zu nutzen ihren Hörern klar zu machen das diese das auch tun sollten. Und genau diese Reichweite ist auch die Krux an Twitter und vor allem dem Wechsel zu anderen Diensten. In dem Moment wo ein kompletter Wechsel vollzogen wird, verlieren die Medienschaffenden schlagartig diese Reichweite. Also muss der alte Kanal trotzdem weiterhin mit befüttert werden, was natürlich wieder den Leidensdruck für die Rezipienten verringert zu wechseln. ADN war nicht unbedingt die erhoffte Revolution der Sozialen Medien und Microbloggingdienste und jetzt nachdem Twitter wieder einmal die Axt kreisen lässt werden die Konkurrenten und Copycats wieder etwas lauter. Seit ein paar Tagen geistert Ello durch meine Timeline das wohl vor allem Künstler ansprechen will (das verstehe wer will). Leider hat das Netzwerk noch nicht ansatzweise die Funktionen die das Leben angenehm machen. Quasi wie Twitter vor 3-4 Jahren. Und dann ist da noch Quitter.se. Ich denke dieser Service bekommt, wenn er genügend User und Reichweite hat, Post von den Twitteranwälten. Die kreative Namenswahl und die allgemeine Anmutung der Plattform sind Twitter einfach zu ähnlich, ein gefundenes Fressen und gute Munition für die Konkurrenz.

Und jetzt? Müssen wir alle sterben?

Und wieso zerfasert nun das Netzwerk? Wie oben schon geschrieben gibt es die faulen, die bei Twitter bleiben, und die Wechsler die sich nun also auf die einzelnen Alternativen verteilen werden. Entweder man verliert massiv Reichweite und die Menschen hinter den Accounts die einem über die Jahre lieb und teuer geworden sind oder man nimmt den Aufwand auf sich auf allen Hochzeiten mit zu tanzen, was auch auf Grund noch mangelnder oder schlechter mobiler Apps ein Pain in the Ass werden wird. Das ganze wird solange gehen bis sich eines der Netzwerke durchgesetzt hat, aus welchem Grund auch immer.

Ich hoffe man sieht sich auf dem einen oder anderen Netzwerk wieder oder Twitter kommt doch wieder zur Besinnung (wovon ich aktuell nicht ausgehe, Twitter hat sich in den vergangenen Jahren doch eher durch Dickköpfigkeit hervor getan denn durch Flexibilität auf Basis von Userfeedback)